Montag, 13. April 2009
Familienleben in einer arabisch-christlichen Familie
Da zum Thema Familie bisher noch nicht so viel geschrieben wurde, werde ich jetzt noch, auch wenn wir schon in Jerusalem sind, vom Familienleben in Reneh erzaehlen. Alle Familien hatten gemein, dass sie sehr gross waren. Hier bedeutet Famlie nicht nur Mutter, Vater, Kinder, sondern auch noch alle Cousins und Cousinen, Onkels, Tanten, Grosseltern, Kinder der Cousins und etliche mehr. Manchmal konnte mir meine Austauschpartnerin gar nicht genau sagen, wie eine Person genau mit ihr verwandt ist, nur dass sie "someone from my family" ist. Allgemein hat die Familie einen sehr hohen Stellenwert. In meinem Fall hat beinahe die ganze Familie vaeterlicherseits im selben Haus in einer anderen Wohnung oder in den Haeusern darum herum gewohnt. Warum? Es ist ueblich, dass der Vater seinen Soehnen ein Haus baut, in das sie dann mit ihren spaeteren Ehefrauen einziehen koennen. Die Toechter ziehen zu ihren spaeteren Ehemaennern. Dass Eltern besonderen Wert darauf legen, dass ihre Kinder nach und nach selbststaendig werden, kennt man hier kaum. Die Eltern bezahlen alles fuer ihre Kinder und fahren sie (natuerlich mit dem Auto) ueberall hin. Da "Familie" hier in weiterem Sinne aufgefasst wird, fuehlt sich jeder bei jedem wie daheim. Es kommen staendig irgendwelche Cousins, Tanten (also alle "from the family") herein, essen etwas, hocken sich vor den Fernseher etc. Genauso ist es ueblich staendig bei saemtliche Verwandten vorbeizuschauen. So besuchten wir jeden Morgen die Grosseltern. Durch dieses Familiennetz fuehlt man sich aufgehoben, es waere mir aber auf Dauer zu eng.

Der Umgang der Maedchen mit Jungs ist sehr anders, als wir es aus Deutschland gewoehnt sind. Einen Freund haben bedeutet hier, sich mit einem Jungen haeufig zu treffen, Koerperkontakt ist dabei tabu. Wenn sie sich sicher sind, dass sie mit einem Mann zusammenleben wollen, dann wird geheiratet. Dabei muss der junge Mann bei vielen Zusammenkuenften (Kaffeetrinken, Smalltalk und Shisha-Rauchen unter Maennern) zunaechst in die Familie eingegliedert werden. Wenn diese Zusammenkuenfte harmonisch verlaufen, steht einer Hochzeit nichts mehr im Wege.

Jetzt bin ich gespannt, wie es in den arabisch-muslimischen Familien in Deheishe in der Westbank wird. Am Dienstag werden wir dorthin "umziehen".